Cyberfallen: von der Dating-App in den Ruin

Shopping, Informationen, Reiseplanungen … Viele Dinge des Alltags erledigen wir längst online. Doch ist unser Risikobewusstsein stets hoch genug? In dieser Serie erzählen wir von dokumentierten Betrugsfällen, wie sie leider viel zu oft vorkommen. Lesen Sie hier, wie Kriminelle handeln.

Herr Pfister wurde das Opfer eines Online-Anlagebetrugs. Ich lernte ihn im April vergangenen Jahres kennen, als er seinen Fall auf unserer Polizeistation zur Anzeige brachte.

Ein Treffer in der Dating-App

Der damals 34-Jährige hatte das Liebesglück im Internet finden wollen. Deshalb hatte Herr Pfister sich ein Profil auf einem bekannten Kennenlernportal erstellt. Vor allem mit einer Frau namens Tara hatte sich ein tieferer Austausch entwickelt. «Sie hat gleich eine Tür in meinem Herzen geöffnet», erinnerte sich Herr Pfister. Für ihn entwickelte sich ein Gefühl, als würde man einander schon sehr lange kennen. Weil es unkomplizierter war, wechselten Herr Pfister und Tara den Unterhaltungspfad vom Datingportal auf ihren persönlichen Messenger-Dienst. Seine neue Bekanntschaft wirkte sehr empathisch und freute sich immer über seine Nachrichten. «Sie schien echt interessiert an meinem Leben zu sein», berichtete er. Sie schrieb ihm von ihren Hobbys: Tanzen, Fitness, Kochen – alles, was zu zweit noch schöner sein würde! Die Vorstellung, dass sich Herr Pfister und Tara eines Tages in den Armen liegen würden, machte ihn glücklich.

Vom Gefühl zum Geld

Ausserdem hatte Tara angeblich ein Händchen für Geldanlagen. Herr Pfister erzählte, dass seine neue «Brief»-Freundin sehr kurzweilig erklärte, dass sie in Bitcoins investieren würde. Sie könne auch ihm gute Hinweise betreffend Investitionen geben, da sie viele gute Kontakte habe. Er solle zunächst für einen kleinen Betrag von 500 Franken Bitcoins kaufen. Hierfür empfahl sie ihm eine Bitcoin-Seite. Damit sie ihm beim Einkauf helfen könne, sollte er ihr mittels einer speziellen Software den Fernzugriff auf seinen Computer verschaffen.

Nach diesem Bitcoin-Kauf eröffnete er ein Konto bei einer Investitions-Website, die beeindruckende Entwicklungen von Investitionen anzeigte. Immer häufiger ermunterte Tara ihn, noch mehr zu investieren. Zunächst wollte er nur sieben Wochen investieren. «Ich hatte ihr einfach vertraut», sagte Herr Pfister und zuckte die Achseln: «Keine Ahnung, warum.» Und das, obwohl er grundsätzlich von Betrügereien im Internet wusste. Aber wenn das Herz Purzelbäume schlägt, setzt das kritische Denken oft aus.

Gesundes Misstrauen

Herr Pfister formulierte es etwas anders: «Sie wusste genau, wie sie mit mir umgehen soll.» Sie hatte eine sehr einnehmende Art. Einerseits schwärmte sie von einer schönen gemeinsamen Zeit, die sie bald miteinander verbringen würden. Andererseits war sie sehr fordernd, wenn es darum ging, sie nicht zu enttäuschen und noch mehr Geld zu investieren. Als er Tara erklärte, dass er nicht so viel Geld auftreiben könne, bot sie ihm an, die Hälfte davon aus eigener Tasche zu übernehmen. «Aber es kam mir eher so rüber, als sagte sie mir dies als gute Freundin», blickte Herr Pfister zurück.

Die Auszahlung der erwarteten Gewinne blieb aus, obwohl finanzielle Erfolge zwischenzeitlich auf dem Portal als real dargestellt gewesen waren. Herr Pfister hatte Gefühle und all sein Geld investiert – aber nie etwas davon zurückerhalten. Als er kein Geld mehr zum Investieren hatte, unterbrach die «Freundin» den Kontakt zu ihm. Und siehe da: Auch die Investitionsseite funktionierte nicht mehr. Jetzt erst recherchierte Herr Pfister im Internet zu dieser Website und erfuhr, dass es sich um ein betrügerisches Unternehmen handelte. Verzweifelt schrieb er an Tara, wann sie sich denn einmal persönlich treffen könnten, er müsse mit ihr persönlich reden. Sie könnten dann ja endlich zusammen Sport treiben, kochen, tanzen … Aber Tara antwortete nicht. Nie mehr.

Herr Pfister erinnerte sich noch lange an Tara – immer dann, wenn er Geld brauchte, um seine Rechnungen zu bezahlen und zu leben. Geld, das er nicht mehr hatte.

Mehr zum Thema Anlagebetrug

Unter www.police.be.ch/cyber finden Sie weitere Informationen zum Thema Internetkriminalität. Informieren Sie sich über die verschiedenen Betrugsformen, wie Sie sich dagegen schützen können und was Sie tun können, wenn Sie Schaden erlitten haben.

Die in diesem Blogbeitrag erwähnten Namen sind fiktiv, ebenso teilweise die Situationen. Die Geschichte gibt jedoch eine tatsächliche Vorgehensweise bei Straftaten wieder.

Seite teilen

Schreiben Sie einen Kommentar

Wir sind sehr an einer offenen Diskussion interessiert, behalten uns aber vor, beleidigende Kommentare sowie solche, die offensichtlich zwecks Suchmaschinenoptimierung abgegeben werden, zu editieren oder zu löschen. Mehr dazu in unseren Kommentarregeln.

Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichneten Felder aus.