Mobbing: Alle gegen einen

Mobbing kann überall vorkommen. Wenn ein Kind davon betroffen ist, gehört das oft zum Schlimmsten, was ihm passieren kann. In Zusammenarbeit mit anderen Organisationen und Behörden bietet die Kantonspolizei Bern in solchen Fällen Unterstützung an.

© Adobe Stock – Kitty

Wird ein Kind gedemütigt, blossgestellt oder ausgeschlossen, erhält es Hassnachrichten oder wird sogar geschlagen, sind dies deutliche Zeichen für Mobbing. Schulen und Eltern können dann die Kantonspolizei Bern mit der Bitte um Hilfe kontaktieren.

Das folgende fiktive Telefongespräch zwischen zwei Mitarbeiterinnen des Bereichs Prävention gibt Ihnen Aufschluss darüber, welche Situationen wir oft vorfinden und wie wir vorgehen.

S: Hallo Evelyn.
E: Sälü Simone. Wie geht es dir?
S: Danke, es geht mir gut. Ich wollte dich fragen, ob du mich bei einer Schulung zum Thema Mobbing unterstützen kannst?

E: Ja, sicher! Worum geht es genau?
S: Eine Geschichte, die mich betroffen gemacht hat. Ein Schüler ist über längere Zeit gezielt von seiner Klasse fertiggemacht worden. Der Junge geht nun nicht mehr in die Schule und zeigt schon Krankheitszeichen.

E: Was wurde bisher unternommen?
S: Gestern fand ein Runder Tisch statt. Neben mir war die Klassenlehrerin dabei, ausserdem der Schulsozialarbeiter, die Schulleitung und die Eltern des Schülers. Beim Gespräch wurde klar, dass wir möglichst schnell handeln müssen, denn es handelt sich um Beschimpfung, Drohung und Körperverletzung. Dazu kommen Widerhandlungen gegen die Persönlichkeitsrechte, nämlich das Recht am eigenen Bild. Deshalb wurde auch über die rechtlichen Konsequenzen gesprochen.

E: Wie wird denn der Junge gemobbt?
S: Offenbar wurde er von einigen Klassenkollegen immer öfter ausgeschlossen und beleidigt. Durch die Kommentare seiner Klassenkameraden zog sich der Junge noch mehr zurück. Sein Selbstvertrauen wurde immer weniger.

Auf einmal erhielt er anonyme Chatnachrichten mit Beleidigungen und Drohungen. Er stellte fest, dass auf den Handys der Klassenkameraden heimlich aufgenommene Fotos von ihm kursierten. Über Ostern musste er im Chat einen regelrechten «Shitstorm» über sich ergehen lassen. Nach den Frühlingsferien eskalierte es dann beim Velounterstand bei der Schule: Er wurde mehrmals ins Gesicht geschlagen, jemand hat alles gefilmt und danach in den Sozialen Medien verbreitet.

E: Hm, nennt man das nicht «Happy Slapping», wenn jemand dabei gefilmt wird, wie er oder sie verprügelt und anschliessend mit dem veröffentlichten Filmmaterial in den Social Media erniedrigt wird? Üble Sache! Ausserdem illegal …
S: Ja, das «Happy Slapping» war auch der ausschlaggebende Grund, weshalb der betroffene Schüler nicht mehr in die Schule ging.

E: Hat sich da niemand aus der Klasse für den Jungen eingesetzt?
S: Nein, leider nicht. Es war eine Handvoll Jugendliche, die sich am Mobbing beteiligt haben, während die anderen tatenlos zugeschaut haben. Die Lehrperson wurde erst involviert, als der Junge nicht mehr in der Schule erschienen ist und die Eltern sich gemeldet haben.

E: Ja, auch als Zuschauer/-in wird man in einer Mobbing-Situation zum Täter oder zur Täterin, da das Mobbing so nicht gestoppt wird.
S: Es wäre extrem wichtig gewesen, dass die Mitschüler/-innen sich bereits zu Beginn des Mobbings bei der Klassenlehrerin gemeldet hätten. Oft haben sie wohl das Gefühl, dass sie als «Petzen» abgestempelt werden. Aber ihr Handeln kann im Extremfall Leben retten.

E: Ja, da gibt es immer wieder Jugendliche, die eine Mobbingsituation nicht mehr aushalten und nicht weiterwissen. Wichtig ist, dass sich Betroffene so früh wie möglich Hilfe suchen. Was habt ihr nun am Runden Tisch abgemacht?
S: Der Junge hat bereits einen Termin bei einer Beratungsstelle. Die Schulsozialarbeiterin führt Einzelgespräche mit den Mobbern durch. Meinerseits sind Schulungen zum Thema Mobbing in der betroffenen Schulklasse geplant. Hilfst du mir dabei?

E: Ja, sicher! Es ist enorm wichtig, dass Mobbing zum Thema gemacht wird. Mit unseren Massnahmen sensibilisieren wir für das Thema und zeigen die strafrechtliche Folgen auf. Einen wesentlichen Teil übernehmen die Schulleitungen, die Lehrpersonen, die Schulsozialarbeitenden, die Beratungsstellen und die Erziehungsberechtigten. Eines ist klar: Um das Leid von Betroffenen – ob Erwachsene oder Jugendliche – zu beenden, braucht es die engagierte Beteiligung des Umfeldes. Dies ist eine Bedingung, um Mobbing entgegenzuwirken.

Weitere Infos

Autorinnen: Simone Allemann und Evelyn Krähenbühl

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3 Kommentare

  1. Schneeberger René

    Leider heutzutage gang und gäbe. Sehr gut aufgezählt mit den vielen strafbaren Handlungen die da zusammenkommen.
    Den beiden Erzählerinnen – ich kenne Beide persönlich – ein grosses Dankeschön für Ihre Arbeit.

  2. Vangard

    Hallo
    Ich bin mir nicht sicher, ob die Autoren jemals als Kind oder als Elternteil eines gemobbten Kindes eine Mobbing-Situation durch ging. Es ist ein Albtraum und ich verstehe wirklich nicht, warum es in der Schule keine Prävention gibt.
    Als Elternteil eines gemobbten Kindes ist fur mich solch ein Mangel an Prävention extrem schwer zu verstehen. Ich sehe jedes Jahr den Newsletter des Schulamtes, in dem steht, dass an unseren Schulen Mobbing verboten ist. Aber das ist eine einfache und cinical Heuchelei. Als mein Kind gemobbt wurde, hat die Schule nichts unternommen, obwohl wir 4 Treffen mit den Lehrern, dem Sozialassistenten usw. hatten. Nichts hat sich geändert.
    Dieser ganze Ärger wäre vermieden worden, wenn die Schule zu Beginn des Semester eine Stunde damit verbracht hätte, die Polizei einzuladen, um zu erklären, wie schädlich und wie schlimm das Mobbing ist. Und jetzt ist es aufgrund der Digitalisierung noch schlimmer, wenn jedes Kind ein Telefon hat und ganz einfach Cybermobbing beginnen könnte.
    Aber ja, Schulamt verschickt Newsletter und das war’s. Problem gelöst!
    Allerdings habe ich bis jetzt keine Statistik mit Mobbing-Fällen in den Berner Schulen gesehen. Ich nehme an, ist nahe null.

    • Pascal Schor

      Guten Tag

      Die grosse Betroffenheit und die Auswirkungen auf die Kinder/Jugendliche und Ihr Umfeld erleben wir immer wieder, wenn solche Vorfälle an uns herangetragen werden und wir zur Unterstützung an eine Schule gerufen werden. Die Bewältigung von ist für alle Involvierten sehr herausfordernd. Aus unserer Sicht ist es ganz entscheidend, dass dieser Prozess immer durch verschiedene Fachkräfte – wie z.B. Schulsozialarbeit oder externe Beratungsstellen – begleitet wird. Der Polizei kommt in dieser Phase vor allem die Rolle als Ansprechpartner mit Fokus auf die rechtliche Situation und Konsequenzen, oder dann die Aufgabe der Ermittlung zu. Wir weisen immer auch darauf hin, dass nicht nur der einzelne Fall angeschaut werden muss, sondern spätestens ein solcher auch Auslöser für weitere präventive Massnahmen sein sollte.

      Gerade weil uns dieses Thema wichtig ist, haben wir von der Kantonspolizei Bern unser Präventionsangebot an Schulen auf dieses Schuljahr hin ausgebaut. Ab den Herbstferien und besuchen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flächendeckend im ganzen Kanton Bern jährlich alle 6. Klassen mit Präventionsunterricht zum Thema Digitale Medien inkl. Cybermobbing. Ziel ist es, Schülerinnen und Schüler frühzeitig für die Gefahren im Netz, die Auswirkungen von Cybermobbing auf Betroffene aber auch die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen und Hilfsangebote zu sensibilisieren. Damit sollen – zusammen mit der Sensibilisierungsarbeit der Schulen und anderen Institutionen – Cybermobbing-Fälle in Zukunft möglichst verhindert werden. Daneben führen wir aber auch Referate zur Gewaltprävention und weiteren Themen in Schulen durch.

      Für weitere Fragen oder Bedarf von weiteren Ausführungen stehe ich Ihnen gerne in einem persönlichen Gespräch zur Verfügung. Sie können sich gerne per Mail an praevention@police.be.ch bei uns melden.

      Freundliche Grüsse
      Pascal Schor
      Prävention

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