Cyberfallen: Fiasko statt Vermögensverwaltung

Das Internet bietet so viele Informationen, dass man immer wieder Neues dazulernen kann. Allerdings gibt es auch Täuschungsversuche, die sich als Informationen tarnen. In dieser Serie erzählen wir von dokumentierten Betrugsfällen, wie sie leider viel zu oft vorkommen. Lesen Sie hier, wie Kriminelle handeln.

© Kantonspolizei Bern / Police cantonale bernoise

Eine Anzeige gegen unbekannt erstattete Herr Schmid auf unserer Polizeiwache. Man hatte ihn insgesamt um eine Million Franken betrogen. Nicht durch einen Überfall oder einen Einbruch, sondern durch einen Trick im Internet. «Ich bin da einfach so reingerutscht», sagte der 78-Jährige bedrückt. Er hatte seinen Betrügern praktisch freiwillig die Tür geöffnet.

Begonnen habe alles mit seiner Suche nach einer guten Vermögensanlage, berichtete er bei der Protokollaufnahme. Als Pensionär hatte er für sich und seine Frau die Sicherheit für einen finanziell guten Lebensabend gewinnen wollen. Bislang hatte er vor allem im Inland investiert, durchaus erfolgreich. «Ich habe also schon gewisse Kenntnisse», merkte er an. Seine Recherchen hatten ihn unter anderem auf eine Website geführt, die ihm interessant erschien: www.grandefex.com. Allerdings hatte es im Internet auch einige negative Artikel über diese Website gegeben. Trotzdem registrierte er sich dort und zahlte probeweise einen kleinen Betrag ein: Nur CHF 250.–, damit konnte im schlimmsten Fall nicht viel schiefgehen. Dachte er sich.

Der Haken: Fernzugriff auf den Computer

Doch das war sein erster Fehler. Noch innerhalb eines Tages meldete sich eine Frau bei ihm telefonisch und per E-Mail. Sie stellte sich ihm als persönliche Brokerin vor. Darauf entwickelte sich ein interessanter Austausch. «Die Dame wirkte sehr nett und stellte mir auch ihren Vorgesetzten namens Jeffrey vor. Beide machten einen sehr kompetenten und vertrauenswürdigen Eindruck auf mich», erinnerte sich Herr Schmid. Sie empfahlen ihm, einen speziellen Account für Kryptowährungen auf einer Exchange-Plattform zu eröffnen. «Von Kryptowährungen hatte ich schon mal gehört. Aber wie das funktionieren sollte, davon hatte ich keine Ahnung», so Herr Schmid. Aber es gab ja die freundliche Beraterin. «Sie konnte mich einfach überzeugen und mir meine Vorbehalte nehmen – und von Risiken war keine Rede.»

Und so beging er seinen nächsten, noch viel schwerer wiegenden Fehler: Zur Unterstützung bei der Eröffnung des Wallets, einer Art Konto für Kryptowährung, gewährte er den Brokern Einsicht auf seinen Computer via Remote Desk (Fernzugriff). Während die Broker sich noch auf seinem PC befanden, loggte er sich in sein reguläres E-Banking-Konto ein, schliesslich wollten ihm die freundlichen Broker ja bei der Überweisung des Geldes auf sein neues Wallet «behilflich» sein. Das Problem: So konnten die Kriminellen sehen, wie viel Geld er auf seinem Bankkonto hatte. Was Herr Schmid ebenfalls nicht wusste, war, dass die Kriminellen bei der gemeinsamen Einrichtung des Wallets auch gleich sämtliche Zugangsdaten erhielten. Sie konnten also sein Wallet übernehmen, auch wenn er gar nicht eingeloggt war.

Zusätzlich hatte Herr Schmid zu einer weiteren Firma einen Kontakt aufgebaut, diese nannte sich Crypto Leaders. Im Gegensatz zu Jeffrey und seiner Kollegin von grandefex.com machten diese Mitarbeitenden jedoch grossen Druck und waren am Telefon schnell ungehalten. Als Herr Schmid sein verbliebenes Kapital – trotz grosser Verluste – zurückfordern wollte, redeten sie auf ihn ein. «Sie insistierten, ich müsse im Gegenteil weiter einbezahlen. Ansonsten würden meine bisherigen Investitionen komplett verfallen.» Als er trotzdem auf seiner Auszahlung bestand, sprachen diese plötzlich von Zahlungen für Steuern und Gebühren, an die angeblich eine Auszahlung gebunden sei. Widerwillig zahlte er diese, jedoch vergeblich.

Insgesamt hatte Herr Schmid über die Betrügerfirmen eine Million Schweizer Franken investiert. Am Schluss waren seine Konten leer. Beide Firmen brachen den Kontakt zu ihm ab, ohne dass er etwas von seinem Geld ausbezahlt bekam. Immerhin brachte Herr Schmid trotz seiner Scham die Fälle zur Anzeige. Das ist wichtig für die Bekämpfung von Cyberkriminalität und die Ermittlungen. Im Bereich des Online-Anlagebetrugs ist die Täterschaft organisiert und international vernetzt. Jede Meldung kann zur Klärung dieser Straftaten beitragen.

Wurden auch Sie Opfer eines Betrugs? Kontaktieren Sie eine Polizeiwache in Ihrer Nähe und erstatten Sie Anzeige.

Mehr zum Thema Online-Anlagebetrug

Unter www.police.be.ch/cyber finden Sie weitere Informationen zum Thema Internetkriminalität. Informieren Sie sich über die verschiedenen Betrugsformen, wie Sie sich dagegen schützen können und was Sie tun können, wenn Sie Schaden erlitten haben.

Hinweis: Die in diesem Blogbeitrag erwähnten Namen sind fiktiv, ebenso teilweise die Situationen. Die Geschichte gibt jedoch eine tatsächliche Vorgehensweise bei Straftaten wieder.

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