Crowd Management: die Masse lenken

Das sogenannte Crowd Management soll Sicherheit bieten bei grossen Menschenmengen. Dazu müssen Veranstalter von Grossanlässen und Polizei eng und nachhaltig zusammenarbeiten. Die Herausforderung wächst mit der Anzahl der Besucherinnen und Besucher.

Grossveranstaltungen haben heute den Anspruch, immer noch spektakulärer zu sein und zu wachsen. Dass Anlässe mit grossen Menschenmengen jedoch auch erhebliche Gefahren bergen, zeigen traurige Beispiele wie die Loveparade in Duisburg, bei der eine Massenpanik Tote und Verletzte zur Folge hatte.

Ein gutes Crowd Management kann helfen, Tragödien zu verhindern. Wie wertvoll solche Konzepte sind, hat unter anderem die geordnete Evakuierung von rund 90’000 Festivalbesuchern nach einer Terrorwarnung beim Festival Rock am Ring vor rund zwei Jahren gezeigt.

Auch im Kanton Bern finden immer wieder Grossveranstaltungen statt, bei denen es zu Menschenansammlungen kommt. Die damit zusammenhängende Planung, Koordination und Beobachtung fordert auch die Polizei.

Das Fachgebiet Crowd Management

Stefan Schmid, Dienstchef der stationierten Polizei Bern Süd, hat sich im Rahmen einer Diplomarbeit eingehend mit der Thematik auseinandergesetzt und befasst sich auch im Arbeitsalltag intensiv damit. Er erklärt: «Crowd Management ist als systematische Planung und Monitoring einer geordneten Bewegung oder Versammlung von Menschen zu verstehen». Dazu gehören u.a. Massnahmen, die bereits im Vorfeld einer Veranstaltung durch die Organisatoren, wie auch durch die Polizei, getroffen werden können.

Während des Events ermöglicht das stetige Beobachten und Analysieren der Menschenmenge, frühzeitig auf unerwartete, potentielle Risikofaktoren Einfluss zu nehmen. Tritt dennoch der Fall ein, dass die Menge in Unruhe gerät, umfasst der Begriff «Crowd Control» Massnahmen zur Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung und damit den Schutz der Teilnehmenden.

Was ist die Aufgabe der Polizei?

Wird im Kanton Bern ein Anlass bewilligt, obliegt die Sicherheit der Besucherinnen und Besucher und damit verbunden die Gewährleistung des Crowd Managements grundsätzlich dem Veranstalter, respektive der Bewilligungsbehörde.

Eskaliert jedoch eine Veranstaltung, kann der Veranstalter alleine nicht mehr viel ausrichten. «In diesem Moment wird es Auftrag der Polizei, für Sicherheit und Ordnung zu sorgen und einzugreifen», so Stefan Schmid. Die Zuständigkeiten sind damit fliessend.. Deshalb ist es bei grossen und herausfordernden Veranstaltungen unabdingbar, dass in Bezug auf das Crowd Management bereits vorgängig eng zusammengearbeitet wird.

Drei wichtige Parameter

Gemäss Stefan Schmid gilt es aus polizeilicher Sicht bei planbaren Grossveranstaltungen drei Einflussparameter zu beachten:

«Einerseits spielt das menschliche Verhalten eine grosse Rolle. Reaktionen auf akute Gefahr sind sehr individuell. Innerhalb einer Menschenmasse trifft dieses individuelle Verhalten auf eine Gruppenreaktion. Das kann beispielsweise dazu führen, dass Personen wie angewurzelt und handlungsunfähig in der Situation verharren und von der Masse, welche in kollektiver Panik die Flucht ergreift, einfach überrannt werden.»

Ein zweiter wichtiger Parameter sind die Umweltfaktoren. Dazu können unter anderem die Beschaffenheit des Geländes oder die Zusammensetzung des anwesenden Publikums gehören. «Auch der Fakt, ob die Menge wie bei einem Konzert in die gleiche Richtung blickt odersich aber wie beim Zibelemärit in Bewegung befindet, ist für uns von Bedeutung», erläutert Stefan Schmid.

Als dritten Punkt nennt er schliesslich den Wissensstand der Polizei und führt aus: «Im Vorfeld müssen wir zum Crowd Management so viele Informationen wie möglich über eine Veranstaltung einholen.»

Was können Sie tun, um bei einem Grossanlass sicher zu bleiben?

Auch als Besucherin oder Besucher von Grossanlässen können Sie zu einem geordneten und sicheren Ablauf beitragen. Dies einerseits, indem Sie sich bereits im Vorfeld mit der Veranstaltung auseinandersetzen und sich beispielsweise über Anreisemöglichkeiten und örtliche Gegebenheiten informieren. Sie verschaffen sich dadurch eine bessere Orientierung auf dem Gelände. Wenn eine App zu der Veranstaltung existiert, sollten Sie diese Möglichkeit nutzen, um sicherzustellen, dass Sie stets über alles Relevante rund um den Anlass informiert sind.

Stefan Schmid rät zu einer gesunden Aufmerksamkeit: «Schauen Sie sich bereits zu Beginn einer Veranstaltung nach den (Not-)Ausgängen um, damit Sie im Ernstfall wissen, wo sich diese befinden und ziehen Sie sich frühzeitig zurück, wenn Sie sich in der Menschenmenge nicht mehr wohl fühlen.»

Sollte an einem Anlass tatsächlich Unruhe auftreten, versuchen Sie, nicht in Panik zu verfallen, befolgen Sie die Anweisungen von Veranstalter oder Polizei und helfen Sie einander gegenseitig.

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1 Kommentar

  1. Simon Roggli

    Ich finde es ausgezeichnet, dass sich Mitarbeitende der Kapo spezifisch und vertieft mit solchen Themen behandeln. Das damit erarbeitete Know-how bildet eine wichtige Grundlage für den operativen Einsatz. Weiter bringen sie damit elementare Inputs für die mögliche Umsetzung von technischen Unterstützungsmassnahmen.

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