Mit «meh Mönscheverstand uf de Strasse» Leben retten

Wir rückten 2018 durchschnittlich 16 Mal pro Tag zu Verkehrsunfällen aus. Glücklicherweise blieb es zwar meist bei Blechschäden, aber auch letztes Jahr verloren mehrere Menschen auf Berner Strassen ihr Leben. Im Interview erklärt Markus Haldemann, Chef Verkehr, wie dank gegenseitiger Rücksichtnahme aller Verkehrsteilnehmer viele Unfälle vermieden werden können.

Markus Haldemann, Chef Verkehr der Kantonspolizei Bern, wie hat sich die Sicherheit auf den Strassen des Kantons Bern entwickelt?

Grundsätzlich ist die Entwicklung sehr erfreulich, so ereignen sich heute auf Berner Strassen weit weniger Unfälle als noch vor zehn Jahren. Doch auch im vergangenen Jahr wurden 3’345 Menschen bei Verkehrsunfällen verletzt und 34 verloren gar ihr Leben, wobei auch Kinder betroffen waren. Gefragt sind wir alle; denn jeder Unfall ist einer zu viel!

Welche Verkehrsteilnehmenden waren besonders betroffen?

Von 34 Personen, die bei Unfällen ums Leben gekommen sind, waren 20 Fussgängerinnen und Fussgänger, Velo- oder E-Bike-Lenkende. Auch bei den Schwerverletzten waren in rund der Hälfte aller Fälle Teilnehmer des Langsamverkehrs betroffen. Sie sind am wenigsten geschützt und Unfälle können deshalb schnell schwerwiegende und traurige Folgen haben. Deshalb hat sich die Kapo entschieden, das Thema Langsamverkehr auch in diesem Jahr wieder zu einem Schwerpunkt zu machen.

Wo passieren die Unfälle am meisten und was sind die häufigsten Ursachen?

Mehr als jeder zweite von der Polizei aufgenommene Verkehrsunfall ereignete sich im vergangenen Jahr im Innerortsbereich. Betrachtet man alle Unfälle, handelte es sich meist um Schleuder- und Selbstunfälle, Auffahrunfälle oder Einbiegeunfälle, bei denen etwa der Vortritt missachtet worden war. Hier zeigt sich, dass eben die gegenseitige Rücksichtnahme viel zur Verhinderung von Unfällen beitragen kann.

Wie können die Verkehrsteilnehmenden dazu beitragen, dass es zu weniger Unfällen kommt?

Genau dort setzen wir mit unserer neuen Präventionskampagne an. Mit einem Augenzwinkern machen wir die Verkehrsteilnehmenden darauf aufmerksam, dass Eigenschaften, welche gewissen Tieren nachgesagt werden, im Strassenverkehr nichts zu suchen haben; dass eben nicht rücksichtslos der «Vortritt düregstieret», «über d Strass ghüeneret» oder «über ds Rotliecht gsyrachet» werden kann. Damit bringt man sich und andere in Gefahr. Entscheidend ist auch, dass man Verantwortung übernimmt; insbesondere auch für schwächere Verkehrsteilnehmer. So können beispielsweise Kinder Verkehrssituationen noch schwer erfassen und betreten die Strassen oftmals überraschend. Mehr Tipps finden Sie unter www.police.be.ch/alles-im-blick.

Was tut die Polizei?

Wir führen das ganze Jahr über passend zur jeweiligen Saison und den entsprechenden Phänomenen auf dem ganzen Kantonsgebiet Aktionen durch. So steht jeweils in der dunkleren Jahreszeit vor allem das Thema Licht und Sichtbarkeit im Vordergrund. Jetzt beginnt mit den wärmeren Temperaturen wieder die Velo- und E-Bike-Saison. Deshalb werden wir in den kommenden Wochen die Velofahrerinnen und Velofahrer für die richtige Ausrüstung und das korrekte Verhalten im Strassenverkehr sensibilisieren. Daneben gibt es aber auch repressive Kontrollen. So werden wir in einem zweiten Schritt konkrete Verstösse auch büssen oder anzeigen. Pünktlich zum Schulbeginn legen wir dann unseren Fokus vor allem auf die Schulwege und die Sicherheit der Kinder und werden im Umkreis von Schulen tätig sein.

Immer wieder hört man, dass die Polizei nur Geld brauche und deswegen Bussen verteile?

Ja, dass hören wir immer wieder. Aber nein, wir haben keine Budgetvorgaben. Wir tun dies für die Sicherheit; leider zeigt unsere Arbeit oftmals erst eine Wirkung, wenn es ans Portemonnaie geht. Solche Verkehrskontrollen sind auch sehr personalintensiv, da ja insbesondere an stark frequentierten Stellen alle gleichbehandelt werden sollen. Im Übrigen entscheidet jeder Verkehrsteilnehmer selbst, ob er die allgemeingültigen Verkehrsregeln zur Sicherheit aller Beteiligten missachten will; wer sich nicht daranhält, muss dann aber auch die rechtlichen Konsequenzen tragen und nimmt im schlimmsten Fall eben sogar einen schweren Unfall in Kauf. Das Befolgen der Verkehrsregeln lohnt sich also in jedem Fall!

Welches Verkehrsmittel benützen Sie als Chef Verkehr der Kapo selbst am häufigsten?

Ich bin regelmässig mit Dienstfahrzeugen oder meinem privaten Auto unterwegs. So erhalte ich während den Fahrten einen direkten und ungefilterten Einblick in das Geschehen im Strassenraum.

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