Zusammenarbeit zwischen Fahnder und Dolmetscher/-innen

Der Autor dieses Artikels ist langjähriger Mitarbeiter der Betäubungsmittel-Fahndung und damit für die Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität in der Region Bern zuständig. Zu seiner Tätigkeit gehören Ermittlungen, Festnahmen, Befragungen und vieles mehr. Bei Befragungen sind Sprachbarrieren oftmals ein Thema: Wie können diese überwunden werden, wenn jemand nicht Deutsch spricht? Unser Fahnder erzählt von der Zusammenarbeit mit Dolmetscherinnen und Dolmetschern, welche diesem Problem Abhilfe schaffen.

© Coloures-Pic / Adobe Stock

Befragungen gehören zum Alltag eines Fahnders. Beschuldigte, Geschädigte und Auskunftspersonen: Ihre Aussagen tragen dazu bei, dass die Polizei in ihren Ermittlungen vorankommt. Längst nicht alle Befragten sprechen Deutsch. Oftmals stammen sie aus dem Ausland und sind der deutschen Sprache nicht mächtig. Darum ist eine gute Zusammenarbeit zwischen Fahndung und qualifizierten Dolmetscherinnen und Dolmetschern von entscheidender Bedeutung, um Sprachbarrieren zu überwinden, Missverständnisse zu vermeiden und eine effektive Kommunikation in Strafverfolgungsangelegenheiten sicherzustellen.

Brücken schlagen

Die Rolle der Dolmetscher/-innen bei der Polizei ist es, die Sprachbarriere zwischen der Ermittlerin oder dem Ermittler und der befragten Person zu überwinden. Nicht nur die Sprache muss beherrscht werden, sondern die Dolmetscher/-innen brauchen auch das entsprechende kulturelle Verständnis, um eine genaue und vollständige Übersetzung zu gewährleisten. Eine falsch übersetzte Aussage kann dazu führen, dass wichtige Informationen verloren gehen oder falsch interpretiert werden, was zu Fehlern in der Strafverfolgung führen kann. Sie müssen zudem unparteiisch und neutral sein, um die Wahrheit und Genauigkeit bei der Übersetzung von Gesprächen und Befragungen zwischen den Verdächtigen und den Strafverfolgungsbehörden sicherzustellen. Sie bringen keine persönlichen Meinungen oder Interpretationen ein, sondern fungieren ausschliesslich als Sprachvermittler/-innen, um die Korrektheit der Übersetzung durch eine neutrale Haltung zu gewährleisten. Sie arbeiten diskret und stellen sicher, dass alle Informationen, die während des Übersetzungsprozesses preisgegeben werden, vertraulich behandelt werden.

Die Zusammenarbeit mit Dolmetscher/-innen ermöglicht der Polizei, eine Vielzahl von Personen zu befragen, die unterschiedlichste Sprachen sprechen. Dies hilft oftmals dabei, ein vollständigeres Bild der Ereignisse zu erhalten und es trägt somit zur Aufklärung von Straftaten bei.

Klare Kommunikation

Eine klare Kommunikation und eine gute Zusammenarbeit zwischen der Fahndung und den Dolmetscher/-innen ist entscheidend, um etwaige Schwierigkeiten zu überwinden und die Qualität der Ermittlungen sicherzustellen. Der Rechtsgrundsatz «Audiatur et altera pars» (lat. «man höre auch die andere Seite») verpflichtet die Polizei, Dolmetscher/-innen beizuziehen, wenn die Verständigung mit der befragten Person aufgrund sprachlicher Barrieren nicht möglich ist. Obwohl der Einbezug von Dolmetscher/-innen zusätzliche Zeit und Ressourcen erfordert, ist es in den meisten Fällen unerlässlich, um eine effektive Kommunikation zwischen befragten und befragenden Personen zu ermöglichen.

Die Dauer von Befragungen ist von Fall zu Fall unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab, wie beispielsweise der Komplexität des Falls oder der Anzahl Fragen, die gestellt wird. Der Beizug von Dolmetscher/-innen kann ein weiterer Faktor sein, je nachdem wie umfangreich eine Übersetzung sein muss. Mit einem rechtzeitigen Beizug kann Zeit gewonnen und eine klare und korrekte Kommunikation zwischen den Parteien von Anfang gewährleistet werden. Eine Herausforderung kann sein, Dolmetscher/-innen innert nützlicher Frist aufzubieten, wenn sie in eine Sprache übersetzen sollen, die in der Schweiz nur von wenigen Personen gesprochen wird, wie etwa Tibetisch, Ewe* oder Georgisch.

Und wenn die Aussage verweigert wird?

Es ist wichtig, dass die Rechte der Beschuldigten, einschliesslich sein «rechtliches Gehör» gemäss Schweizerischer Strafprozessordnung, auch dann gewahrt werden, wenn sich jemand dafür entscheidet, von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch zu machen oder nur wenige Informationen preiszugeben. Dolmetscher/-innen übersetzen nicht nur Antworten, sondern auch Fragen. Eine Person in einer Befragung muss verstehen, was sie gefragt wird, auch wenn sie sich dann dazu entscheidet, zu schweigen. Zudem gibt der Beizug von Dolmetscher/-innen den Beschuldigten die Möglichkeit, ihren Standpunkt oder mögliche Gründe für ihre Entscheidung, keine Aussage zu machen, zu erläutern. Dies kann seitens Polizei zu einem besseren Verständnis einer Situation führen; insbesondere, wenn sprachliche oder kulturelle Barrieren bestehen.

Der Beizug von Dolmetscher/-innen ist oftmals die Grundvoraussetzung dafür, dass eine Befragung überhaupt stattfinden kann. Dadurch wird das «rechtliche Gehör» der befragten Person gewahrt und dem Fahnder oder der Fahnderin ermöglicht, eine Vielzahl von fremdsprachigen Personen zu befragen.

Wer dolmetscht bei der Kapo Bern aber eigentlich Befragungen? Welche Pflichten müssen die mit dieser so wichtigen Aufgabe betrauten Personen erfüllen und welchen Herausforderungen begegnen sie in ihrem Arbeitsalltag? Mehr dazu im nächsten Blogbeitrag. 

Schweizerische Strafprozessordnung, Art. 68 Übersetzungen

1 Ver­steht ei­ne am Ver­fah­ren be­tei­lig­te Per­son die Ver­fah­rens­spra­che nicht oder kann sie sich dar­in nicht ge­nü­gend aus­drücken, so zieht die Ver­fah­rens­lei­tung ei­ne Über­set­ze­rin oder einen Über­set­zer bei. Sie kann in ein­fa­chen oder drin­gen­den Fäl­len mit dem Ein­ver­ständ­nis der be­trof­fe­nen Per­son da­von ab­se­hen, wenn sie und die pro­to­koll­füh­ren­de Per­son die frem­de Spra­che ge­nü­gend be­herr­schen.

2 Der be­schul­dig­ten Per­son wird, auch wenn sie ver­tei­digt wird, in ei­ner ihr ver­ständ­li­chen Spra­che min­des­tens der we­sent­li­che In­halt der wich­tigs­ten Ver­fah­rens­hand­lun­gen münd­lich oder schrift­lich zur Kennt­nis ge­bracht. Ein An­spruch auf voll­stän­di­ge Über­set­zung al­ler Ver­fah­rens­hand­lun­gen so­wie der Ak­ten be­steht nicht.

3 Ak­ten, die nicht Ein­ga­ben von Par­tei­en sind, wer­den so­weit er­for­der­lich schrift­lich oder zu­han­den des Pro­to­kolls münd­lich über­setzt.

4 Für die Über­set­zung der Be­fra­gung des Op­fers ei­ner Straf­tat ge­gen die se­xu­el­le In­te­gri­tät ist ei­ne Per­son glei­chen Ge­schlechts bei­zu­zie­hen, wenn das Op­fer dies ver­langt und wenn dies oh­ne un­ge­bühr­li­che Ver­zö­ge­rung des Ver­fah­rens mög­lich ist.

5 Für Über­set­ze­rin­nen und Über­set­zer gel­ten die Be­stim­mun­gen über Sach­ver­stän­di­ge (Art. 73, 105, 182–191) sinn­ge­mä­ss.

*Ewe wird im Süden von Ghana sowie im südlichen Togo vom Volk der Ewe gesprochen. Sie gehört zur Sprachfamilie der Niger-Kongo-Sprachen.

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