Zurück in Ittigen und ein Einblick ins Diensthundewesen

Unser theoretisches Wissen wird nun im Rahmen einer Taktikwoche in die Praxis umgesetzt. Unter Zeitdruck und Stress trainieren wir in realitätsnahen Szenarios, was ziemlich anspruchsvoll ist. Und bei der Vorstellung des Fachbereichs Diensthunde der Kantonspolizei Bern wurde ich positiv überrascht.

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Seit meinem ersten Bericht ist schon einige Zeit vergangen – Zeit, die mir nur so davonlief. Einerseits motivierend, andererseits auch beängstigend im Hinblick auf unseren Abschluss, der immer näher rückt. Ich versuche, mir nicht allzu viel Druck zu machen und nehme einen Tag nach dem anderen.

Die vor kurzem anstehende Taktikwoche kam mir erst vor wie ein Sprung ins kalte Wasser: Die Vorbereitung auf die Woche war sehr rudimentär und wir legten direkt los, mit Übungen bei denen wir die bisher Unmengen an gelernter Theorie umsetzen mussten. Das heisst, wir übten Personenkontrollen, Verkehrskontrollen, die Umstellung und Durchsuchung von Gebäuden aber auch Festnahmen von Personen. Die entsprechenden Situationen wurden durch uns selbst nachgestellt.

Der verhältnismässige Einsatz von Zwangsmitteln will gelernt sein

Unser Handeln muss jederzeit verhältnismässig sein – so auch der Einsatz von so genannten Zwangsmitteln wie zum Beispiel Pfefferspray. In Übungen wurde das richtige Anwenden dieser Mittel geübt, was teilweise sehr schwierig war: Mal wurde überreagiert, mal wurde ungenügend reagiert. Diese Übung ist sehr wichtig für den späteren Einsatz, wo wir innert Sekundenbruchteilen die richtige Entscheidung treffen müssen. Uns wurde vor Augen geführt, wie gross die Verantwortung ist und wie schwierig die richtige Entscheidung in einer entsprechenden Situation sein wird.

Es ist schwer, unter Zeitdruck und Stress sowie ohne weitere Erfahrungen richtig, also verhältnismässig, zu reagieren. Was mache ich, wenn sich eine Person einer Kontrolle entziehen will oder einfach nicht zuhört? Wohin stelle ich mich, wenn ich ein Gebäude umstellen muss, selber aber nicht gesehen werden darf? All diese Situationen wurden geübt und jeweils direkt besprochen. Mir zeigte die Woche auf, wie wichtig es ist auch in sehr stressigen und belastenden Situationen ruhig zu bleiben und stets überlegt zu handeln.

Diese Situationen waren zwar nachgespielt und wohl nicht immer eins zu eins mit einer natürlichen Situation vergleichbar, jedoch bin ich überzeugt, dass ich mich immer wieder an einzelne Sequenzen zurück erinnern werde und das dabei Gelernte situativ anwenden kann.

Die Aspiranten, die bereits Militärdienst geleistet haben, konnten ihr militärisches Grundwissen gut umsetzen, beispielsweise für das Durchsuchen von Gebäuden oder auch die Festnahme von Personen. Für solche wie mich, also ohne jegliche Militärerfahrung, war es anfangs schwieriger, die Aufträge umzusetzen. Wir haben aber sehr schnell Fortschritte gemacht und ich hätte auch gerne noch länger daran gearbeitet.

Arbeiten unter Stress und Zeitdruck

Eindrucksvoll fand ich alles, was mit dem Einsatz von Waffen zu tun hatte – natürlich nicht mit der scharfen Waffe, sondern mit Markiermunition. Es gab zum Beispiel eine Situation, in der ich mich in der Rolle einer bewaffneten Einbrecherin in einem Gebäude verstecken musste. Die ausgerückte Patrouille, bestehend aus Klassenkameraden, musste das Gebäude systematisch durchsuchen. Dabei haben sie einen Fehler gemacht und mich nicht gefunden – so dass ich aus meinem Versteck hervorkroch, mich den anderen über das Treppenhaus annäherte und dann gemäss dem Auftrag der Übungsleitung auf sie schiessen musste. Im Ernstfall eine lebensgefährliche Situation für meine Kameraden.

Obwohl ich ja wusste, dass ich nur Markiermunition in meiner Waffe habe, war eine Hemmschwelle vorhanden. Ich persönlich empfinde das aber überhaupt nicht als Nachteil, ganz im Gegenteil. So ist der Einsatz der Waffe immer das letzte Mittel, welches man einsetzt.

Stage in Ittigen und Einblick in die Arbeit der Polizeihunde

Dann stand die Stagewoche in Ittigen vor der Tür. Wir freuten uns alle sehr auf die willkommene Abwechslung. In den anderen Korps liefen die Aspiranten bereits mit einer Patrouille mit und wurden so ein erstes Mal in den späteren Berufsalltag eingeführt. Bei uns in Bern läuft das etwas anders: Wir waren im Ausbildungszentrum in Ittigen und hatten von dort aus die Möglichkeit, in die verschiedenen Bereiche der Kantonspolizei Bern hinein zu schauen. Ich fand die Woche zwar sehr theorielastig, aber auch sehr interessant und es wurde darauf geachtet, dass wir, wann immer möglich, aktiv am Programm teilnehmen konnten.

Für mich war das Kennenlernen des Fachbereichs Diensthunde am überraschendsten, und zwar im positiven Sinn. Im Vorfeld habe ich mir die Zusammenarbeit mit den Hunden immer völlig anders vorgestellt. Meine Vorstellung war, dass die Hunde – wie beim Bauern – als Nutztiere angeschaut und behandelt werden. Aber entgegen meinen Vorstellungen wird der Polizeihund, egal ob Drogenspür-, Brandspür-, Personensuch- oder sogar Schutzhund, ganz normal in das Privatleben und die Familie des jeweiligen Halters integriert.

Am eindrücklichsten finde ich die Fähigkeitsvielfalt der Hunde und in welcher Zeit sie diese Fähigkeiten entfalten, lernen und schliesslich mit einer Prüfung beweisen.

Die Arbeit mit den Hunden ist anspruchsvoll und zeitintensiv, aber auch sehr befriedigend. Die Erfolgsquote der Einsätze mit Diensthunden ist gross. Dies ist natürlich immer wieder eine grosse Motivation.

Ich selber habe bereits seit 14 Jahren einen eigenen Hund, daher und mit dem neu gewonnenen Wissen kann ich mir gut vorstellen, dass ich später auch einmal mit einem Diensthund arbeiten will.

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2 Kommentare

  1. Eigentlich wäre es toll, wenn am Schluss alle diese Alltagsgeschichten im einem Buch niedergeschrieben würden.
    Danke an alle, die sich Zeit nehmen, uns diese Einblicke zu gewähren.

    • Sibylle Lohmüller

      Merci für Ihre spannende Idee. Wir nehmen diese sehr gerne auf. Ihren Dank geben wir gerne allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen weiter. Es freut uns, wenn die Beiträge gefallen.

      Freundliche Grüsse und einen schönen Abend
      Sibylle Lohmüller
      Öffentlichkeitsarbeit
      Kantonspolizei Bern

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