Kein Skiweltcup im Kanton Bern ohne unsere Gebirgsspezialisten

Für die Ski-Fans sind die Tage im Kalender schon weit im Voraus markiert: Weltcup-Rennen im Berner Oberland! Über 50’000 Zuschauer kommen während der drei Renntage nach Wengen. Rund 1’800 Helferinnen und Helfer sorgen für einen reibungslosen Ablauf, unter ihnen auch eine Gruppe Gebirgsspezialisten der Kantonspolizei Bern. Doch was sind ihre Aufgaben an einem Weltcup-Rennen?

1994/95 habe ich die Polizeischule absolviert. Seit 18 Jahren bin ich in Nebenfunktion Gebirgsspezialist und seit dem 1. Januar 2016 Chef der Wache in Lauterbrunnen. Während der diesjährigen Lauberhornrennen amte ich als Einsatzleiter der Gebirgsspezialisten. Hier schildere ich den Tagesablauf unseres Einsatzes während der Abfahrt am Ski-Weltcuprennen in Wengen.

Für den Ernstfall bereit

Es ist früher Morgen, als sich die Gruppe Gebirgsspezialisten am Samstag, 16. Januar 2016, auf der Polizeiwache in Lauterbrunnen trifft. Nach einem kurzen Briefing packen wir unsere Lunchtaschen und machen uns auf den Weg nach Wengen. Viele Erklärungen braucht es nicht: Die Aufgaben sind klar, durch zahlreiche gemeinsame Einsätze ist die Gruppe schon ein eingespieltes Team. In der Bahn haben wir zum Glück reservierte Plätze, so dass wir trotz der vielen Fans planmässig ins Renngelände gelangen können, um unsere Arbeit zu beginnen.

Das Wetter ist garstig dieses Jahr, es schneit und es weht ein eisiger Wind. Da sind wir froh, dass wir uns nach einer kurzen Abfahrt vom eigentlichen Start des Rennens in einem separaten Aufenthaltsort im Keller eines Restaurants auf der Kleinen Scheidegg aufwärmen können.

Mehr als einfach Polizisten auf Skis

Es ist wichtig, dass wir früh am Berg sind. Einerseits kann es sein, dass wir schon vor dem Rennen zu einem Einsatz gerufen werden, andererseits ist es später bei der grossen Menschenansammlung gar nicht mehr möglich, rasch an den Einsatzort zu gelangen.

Doch was heisst das konkret, ein Einsatz? Wir Gebirgsspezialisten sind mehr als normale Polizisten auf Skis. Wir sind zwar alle Polizisten, welche ihren Dienst auch auf der Strasse leisten. In Nebenfunktion sind wir jedoch Spezialisten im Gebirge. Falls es auf der Rennstrecke oder daneben zu einem gravierenden Unfall käme, wären wir jederzeit innert kürzester Zeit am Einsatzort. Unsere primäre Aufgabe vor Ort ist die Tatbestandsaufnahme.

In den Bergen ist oft die Zeit entscheidend: Für die fachgerechte Unfallaufnahme ist es wichtig, dass diese möglichst rasch erfolgen kann. Das, was man am Ereignistag nicht dokumentiert, sicherstellt und erfasst, ist in der Regel für immer verloren: Allfällige Spuren und Material sind später weg und die Auskunftspersonen haben in der Zwischenzeit Erinnerungslücken und Wahrnehmungsveränderungen. Darum sind auch heute alle Gebirgsspezialisten mit einem Rucksack ausgerüstet; er enthält alles Material, das für den Ernstfall gebraucht wird. Dazu gehört zum Beispiel ein Laser-Distanzmessgerät, Absperrband oder ein Markierspray, um Spuren im Schnee sichtbar zu machen.

Flexibilität und Geduld sind gefragt

Unterdessen ist bekannt geworden, dass die Weltcup-Abfahrt definitiv stattfinden kann. Das Wetter hat sich markant gebessert und nun scheint sogar die Sonne. Da der Start jedoch nach weiter unten am Berg verschoben wird, müssen auch wir umplanen. Die Positionen der Gebirgsspezialisten entlang der Strecke werden besprochen und neu festgelegt. Die Gruppe teilt sich auf und bezieht ihre Posten. Ich bin während des Rennens im Zielgelände. Meine Aufgabe ist nun die Koordination der Kollegen am Berg aber auch der uniformierten Kollegen im Zielgelände.

Die tiefen Temperaturen machen einem manchmal schon zu schaffen. Da ist gute Kleidung entscheidend. Wenn man mehrere Stunden warten muss, kann es schliesslich ganz schön kalt werden. Zudem ist das Stehen in den Skischuhen auch nicht sehr bequem.

Auch auf der Piste da für die Bevölkerung

Auf der Piste und auch im Zielraum werden wir häufig von Zuschauern angesprochen, sei es für Auskünfte über Skilifte oder Wegbeschreibungen. Während der Bereitschaft nehmen wir uns gerne Zeit für solche Fragen. So walte ich heute auch mal als Fotograf für eine Gruppe, die ein Foto mit einem ehemaligen Bundesrat als Erinnerung mit heim nehmen möchte. Oder kann mir Zeit nehmen für einen kleinen Ski-Fan, der unbedingt einmal der Polizei hallo sagen will.

Nach rund zehn Stunden auf den Beinen bzw. hauptsächlich auf den Skis, trifft sich die ganze Gruppe der Gebirgsspezialisten zu einem Debriefing im Zielbereich. Über unseren Einsatz zu sprechen, ist ein wichtiger Bestandteil desselben. Manchmal gibt es Organisatorisches, das für einen nächsten Einsatz optimiert werden kann. Oder im schlimmsten Fall, wenn es zu einem tragischen Ereignis gekommen ist, ist es gut, wenn man sich mit den Arbeitskollegen austauschen kann, um das Erlebte zu verarbeiten.

Am nächsten Tag heisst es wieder früh raus, denn auch am dritten und letzten Renntag in Wengen sind wir Gebirgsspezialisten nochmals im Einsatz.

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1 Kommentar

  1. Chris57

    Super Bericht mit viel Hintergrundinformationen die Frau oder Mann nicht kennt. Danke und viel Glück im Job

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