Kriminalanalyse – Wissenschaft für die Verbrechensaufklärung (Teil 1)
Wenn wir an Polizeiarbeit denken, stellen sich viele Blaulichtfahrten, Verfolgungsfahrten und Verhöre vor. Doch es gibt einen entscheidenden Bereich, der oft im Hintergrund bleibt – und ohne den manche Fälle ungelöst bleiben: die Kriminalanalyse. In diesem Blogbeitrag stellen wir Ihnen die Kriminalanalyse genauer vor.

Was genau versteht man unter der Kriminalanalyse (KAS)?
Die Kriminalanalyse entstand mit der Digitalisierung: Wo Ermittlerinnen und Ermittler früher mit Stecknadeln und Post-its gearbeitet haben, kommen heute auch elektronische Programme und Tools zum Einsatz. Die Kriminalanalyse ist das datenbasierte Gehirn hinter der Polizeiarbeit. Sie verwandelt Informationen und Daten in Erkenntnisse – sei es für aktuelle Ermittlungen oder zur Vorbeugung künftiger Straftaten. Die Kriminalanalyse ist bei der Kantonspolizei Bern in die drei Fachgruppen operative Kriminalanalyse, taktische Kriminalanalyse und ein Analysesystem, das sich mit der Verknüpfung von Gewaltdelikten auseinandersetzt (das sogenannte Violent Crime Linkage Analysis System), gegliedert. Womit sich diese genau beschäftigen, lesen Sie im Folgenden.
Operative Kriminalanalyse – Ermittlungen unterstützen
Wenn bei Ermittlungen grosse Datenmengen anfallen – etwa bei Telefondaten, GPS-Informationen oder von der Polizei selbst generierten Daten –, kommt die operative Kriminalanalyse ins Spiel. Die Mitarbeitenden der operativen KAS helfen den Ermittelnden, Daten zu visualisieren und zu strukturieren. Sie erstellen aus riesigen Datenmengen neue Ermittlungsansätze und finden die Nadel im Heuhaufen.
Taktische Kriminalanalyse – Muster erkennen und vorbeugen
Hier geht es darum, zeitnah Muster und Zusammenhänge der gemeldeten Ereignisse zu erkennen, etwa wiederkehrende Vorgehensweisen, Serien oder Täterprofile. Die taktischen Analytikerinnen und Analytiker beobachten tagtäglich die gemeldeten Ereignisse aus dem ganzen Kanton sowie die von den Polizistinnen und Polizisten erfassten Angaben zu einem Ereignis und suchen nach Zusammenhängen zwischen verschiedenen Taten oder zwischen Tat und Täter. Dadurch leisten sie nicht nur Unterstützung bei laufenden Ermittlungen, sondern arbeiten auch präventiv– bevor es zur nächsten Tat kommt.
Violent Crime Linkage Analysis System (ViCLAS)
Diese Fachgruppe arbeitet mit Daten, mit denen sich das Verhalten von Personen präzise analysieren lässt. Im Zentrum steht dabei das Verhalten der Täterschaft am Tatort – aber auch das Davor und das Danach. Auf dieser Grundlage wird Schritt für Schritt rekonstruiert, was genau passiert ist – und was das über die Täterin oder den Täter aussagt. Besonders im Fokus stehen Personen, die schwerere Straftaten begehen und dabei über längere Zeit ein gleichbleibendes oder zunehmend eskalierendes Verhalten zeigen. Durch die Analyse solcher Muster lassen sich nicht nur Rückschlüsse auf die Täterschaft ziehen, sondern auch gezielte Ermittlungsansätze entwickeln.
Wie sieht der Alltag in der Kriminalanalyse aus?
Der Alltag im Fachbereich Kriminalanalyse ist so vielfältig wie die Daten selbst. Während taktische Analytikerinnen und Analytiker täglich neue Ereignisse analysieren und standardisierte Lageübersichten wie Karten oder Tabellen erstellen, ist der operative Bereich stark von den jeweiligen Fällen geprägt. Jeder Fall ist anders – und mit ihm die Daten, Tools und Fragestellungen.
Warum braucht es die Kriminalanalyse heute mehr denn je?
Die Kriminalität hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Täter agieren heute mobiler, digitaler – und hinterlassen komplexere Spuren. Wo früher eine Ermittlerin oder ein Ermittler durch eine Telefonliste blätterte, braucht es heute Spezialistinnen und Spezialisten, die sich durch die Daten arbeiten. Moderne Ermittlungen sind ohne Datenanalyse kaum noch denkbar. Denn viele elektrische Geräte, beispielsweise Fernseher, speichern heute Daten. Diese können für die Ermittlungen zentral sein. Heute können die Daten viel schneller erhoben und entsprechend auch analysiert werden. Somit kann Input zu den aktuell laufenden Ermittlungen geliefert werden (z.B. Ausfindigmachen einer flüchtigen Täterschaft).
Wie könnte die Kriminalanalyse in Zukunft aussehen?
Die Datenmenge wird in Zukunft immer grösser und die Datenquellen werden vielfältiger. Es wird künftig möglich sein, weitere Datenquellen wie das Wetter oder statistische Daten des Bundes in die Analyse einfliessen zu lassen. Künstliche Intelligenz wird es möglicherweise im Rahmen der Gesetze erlauben, grosse Mengen an Daten effizient und sinnvoll auszuwerten – mit einer abschliessenden Prüfung durch erfahrene Analytikerinnen und Analytiker.
Fazit
Die Kriminalanalyse hat nicht das Ziel, einen Fall eigenständig zu lösen. Vielmehr unterstützt sie die Ermittlungsarbeit, indem sie komplexe Daten strukturiert, analysiert und den Ermittelnden Entscheidungsgrundlagen liefert.
Wie geht es weiter?
Im nächsten Blogbeitrag zeigen wir, wie all das konkret aussieht – am Beispiel eines fiktiven Einbruchfalls in der Stadt Bern. Dort wird die operative mit der taktischen Kriminalanalyse kombiniert – mit überraschendem Ausgang.
Schreiben Sie einen Kommentar
Wir sind sehr an einer offenen Diskussion interessiert, behalten uns aber vor, beleidigende Kommentare sowie solche, die offensichtlich zwecks Suchmaschinenoptimierung abgegeben werden, zu editieren oder zu löschen. Mehr dazu in unseren Kommentarregeln.
Bitte füllen Sie alle mit * gekennzeichneten Felder aus.